Das Schilfrohr und die Eiche
Am Ufer eines Teiches stand eine Eiche: mächtig und stolz. Sie trotzte der Sonnenhitze und beugte sich keinem Sturm; denn ihre Wurzeln reichten tief. In der Nähe wuchs ein Schilfrohr auf feuchtem Grunde. Es sah schwach und zerbrechlich aus und verneigte sich vor jedem Wind.
Du tust mir leid, sagte die Eiche eines Tages. Wärst du doch näher an meinem Stamm gewachsen, ich würde dich gerne vor den Stürmen beschützen.
Du bist sehr freundlich, sagte das Schilfrohr bescheiden, aber sorge dich nicht um mich. Kommt ein Sturm mit Gewalt, beuge ich mich bis zur Erde und lasse ihn über mich fortbrausen: Ich beuge mich, aber ich breche nicht!
Die Eiche schüttelte trotzig ihr Haupt: Ich leiste jedem Sturm Widerstand; niemals würde ich mich beugen!
Ein schrecklicher Sturm kam über Nacht, er riß Blätter und Äste aus der aufrechten Eiche. Das Schilfrohr beugte sich zur Erde. Der Sturm wurde zum Orkan. Mit seiner ganzen Wut zerrte er am trotzigen Baum - bis er ihn samt Wurzeln aus der Erde riß.
Als das Unwetter vorüber war, stand das kleine Schilfrohr aufrecht neben dem gestürzten Riesen.
Montag, 27. Oktober 2003, 22:53, von frisbee | |comment


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