Wieder mal eine neue Rubrik: Geschichten
Mal werde ich eine Geschichte für sich sprechen lassen, mal etwas dazu schreiben. Oft lassen solche Geschichten vielfältige Interpretationen zu, wegen ihrer Bedeutungsfülle reizen sie mich immer wieder. Und ein Körnchen Weisheit ist allemal enthalten.

Die Bekehrung des Knaben

Rabbi Aaron kam einst in die Stadt, in der der kleine Mordechai, der nachmalige Rabbi von Lechowitz, aufwuchs. Dessen Vater brachte ihm den Knaben und klagte, dass der im Lernen keine Ausdauer habe. "Lasst ihn mir eine Weile hier", sagte Rabbi Ahron. Als er mit dem kleinen Mordechai allein war, legte er sich hin und bette das Kind an sein Herz. Schweigend hielt er es am Herzen, bis der Vater kam. "Ich habe ihm ins Gewissen geredet", sagte er, "hinfort wird es ihm an Ausdauer nicht fehlen."
Wenn der Rabbi von Lechowitz diese Begebenheit erzählte, fügte er hinzu: "Damals habe ich gelernt, wie man Menschen bekehrt."

(aus: Martin Buber: Die Erzählungen der Chassidim.)

Eine Art Pädagogik des Herzens, fast wortwörtlich, wird hier beschrieben. Jemand wird bekehrt, nicht belehrt. Die wortlose Geste, die nicht nur Halt und Geborgenheit gibt, wirkt ein Leben lang nach.
Mittwoch, 1. Oktober 2003, 01:14, von frisbee | |comment

 
Ja, lieben - wie du bist ...
Diese zauberhafte Geschichte erinnert mich an eine von Anthony de Mello, die du auch kennst und die durch die liebevolle Akzeptanz dem anderen eine Änderung, Bekehrung - wenn du willst - ermöglicht:

Meine Freunde sagten seit Jahren zu mir, ich solle mich ändern. Meine Frau nickte dazu. Jeder sagte mir immer wieder, ich solle mich ändern. Ich pflichtete ihnen bei und ich wollte mich ändern, aber ich brachte es nicht fertig, so sehr ich mich auch bemühte.
Dann sagte eines Tages meine Frau zu mir:
"Ändere dich nicht! Bleib, wie du bist. Es ist wirklich nicht wichtig, ob du dich änderst oder nicht. Ich liebe dich so, wie du bist. So ist es nun einmal."
Diese Worte klangen wie Musik in meinen Ohren:
"Ändere dich nicht, ändere dich nicht ... ich liebe dich."
Und ich entspannte mich und ich wurde lebendig und
Wunder über Wunder, ich änderte mich!

Jetzt weiß ich, dass ich mich nicht wirklich ändern konnte,
bis ich jemanden fand, der mich liebte, ob ich mich nun
änderte oder nicht.
Ich danke dir, dass du es mit mir wagst.

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Wow
Ich bin begeistert - und erstmal sprachlos.

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Hm...

Die Geschichte sagt nichts darüber ob es überhaupt geklappt hat...?

Vielleicht war der Bub ja auch nur still, weil er nach Luft schnappen musste...

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Von Atemnot
berichtet der nachmalige Rabbi von Lechowitz auch bei ganz genauem Nachlesen der Geschichte nichts. ;)

Aber hätte sie nicht eine "berührende" und nachhaltige Auswirkung auf ihn gehabt, wäre sie uns wohl kaum überliefert.

Insofern magst du Recht haben, xwolf, mich stört auch nur das Wörtchen "nur".

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