Mittwoch, 1. Oktober 2003
Wieder mal eine neue Rubrik: Geschichten
Mal werde ich eine Geschichte für sich sprechen lassen, mal etwas dazu schreiben. Oft lassen solche Geschichten vielfältige Interpretationen zu, wegen ihrer Bedeutungsfülle reizen sie mich immer wieder. Und ein Körnchen Weisheit ist allemal enthalten.

Die Bekehrung des Knaben

Rabbi Aaron kam einst in die Stadt, in der der kleine Mordechai, der nachmalige Rabbi von Lechowitz, aufwuchs. Dessen Vater brachte ihm den Knaben und klagte, dass der im Lernen keine Ausdauer habe. "Lasst ihn mir eine Weile hier", sagte Rabbi Ahron. Als er mit dem kleinen Mordechai allein war, legte er sich hin und bette das Kind an sein Herz. Schweigend hielt er es am Herzen, bis der Vater kam. "Ich habe ihm ins Gewissen geredet", sagte er, "hinfort wird es ihm an Ausdauer nicht fehlen."
Wenn der Rabbi von Lechowitz diese Begebenheit erzählte, fügte er hinzu: "Damals habe ich gelernt, wie man Menschen bekehrt."

(aus: Martin Buber: Die Erzählungen der Chassidim.)

Eine Art Pädagogik des Herzens, fast wortwörtlich, wird hier beschrieben. Jemand wird bekehrt, nicht belehrt. Die wortlose Geste, die nicht nur Halt und Geborgenheit gibt, wirkt ein Leben lang nach.

Von frisbee um 01:14h| 4 Kommentare |comment
 

Nur von Mobbing reden reicht nicht
Die Fairness-Stiftung hat eine hilfreiche Austellung, einen Glossar der Unfairness auf ihrer Webseite. Was bei uns unter "Mobben" läuft, wird hier aufgedröselt und genauer benannt.

Man kann einerseits ersehen, wie erfinderisch Menschen in ihren unfairen Attacken auf andere sind, bekommt jedoch auch hilfreiche Hinweise zum Umgang mit diesen.

Von frisbee um 11:24h| 2 Kommentare |comment
 

Selbstmächtigkeit
Der Begriff meint Macht über sich selbst. Und zwar tatsächlich Macht und nicht Herrschaft. Herrschaft wäre die totale Dominanz seiner selbst. Sie wäre dann gegeben, wenn zum Beispiel das Denken die Gefühle total dominieren würde. Das aber ist kein sinnvolles Modell für eine Lebenskunst. Sinnvoller ist es, Macht über sich auszuüben, sich in gewisser Weise also durch das Denken führen zu lassen. Wobei diese Führung aber nie so weit gehen sollte, die Gefühle zu eliminieren. Wenn diese Selbstmächtigkeit nicht gegeben ist, haben Mächte von außen sehr viel größere Zugriffsmöglichkeit auf mich. Man sollte also mit seinen Gefühlen zurechtkommen und das Denken als eine Art Schiedsinstanz begreifen.

Wilhelm Schmid in einem Interview mit dem Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt.

Von frisbee um 02:33h| 8 Kommentare |comment